Blog 18: Feste, Freude und Traditionen

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# Pilgerblog

Blog 18: Feste, Freude und Traditionen

Viele Jahre habe ich in Köln gelebt und gearbeitet, sieben Jahre davon in einem katholischen Pflegeheim für Senior*innen. Als Protestant habe ich in dieser Zeit viel Neues bezüglich der katholischen Traditionen gelernt und erfahren. In diesem Pflegeheim wurden die kirchlichen Feste immer sehr groß und traditionell gefeiert. Das Fronleichnamsfest nahm dabei eine ganz besondere Rolle ein. 

Bei schönem Wetter wurde der Gottesdienst in den Innenhof des Hauses verlegt. Dort wurden Stuhlreihen gestellt, geputzt und gefegt, Technik und Fahnen aufgebaut. Ganz besondere Aufmerksamkeit bekam der Altar, der bei der anschließenden Prozession zum sogenannten „Außenaltar“ wurde. Üppige Blumensträuße und Gestecke schmückten ihn. Aus frischen Blüten entstand in liebevoller Arbeit ein bunter und duftender Teppich vor dem Altar, umrahmt von brennenden Kerzen. Man spürte die angenehme Aufregung im Haus und jeder, der zum Gottesdienst kam, machte sich besonders schick. Zu diesem Gottesdienst gab es viele Besonderheiten und die große Auswahl an (Fronleichnams-) Liedern beeindruckte mich sehr.

Parallel zum Gottesdienst im Heim wurde auch in der naheliegenden Kirche ein Gottesdienst gefeiert. Nach dem Kirchgottesdienst begann eine Prozession, bei dem auch unser Haus eine „Statio“ war. Keine Frage, der Höhepunkt unseres Gottesdienstes war erreicht, wenn die Fronleichnamsprozession, begleitet von Ministranten, Pfarrern, Diakonen, Gemeindegliedern und viel Musik, feierlich in unseren festlich geschmückten Hof einzog. 

Besonders beeindruckend war dabei der wunderschöne und reich verzierte Baldachin, der auch als Himmel bezeichnet wird. Darunter befindet sich die vom Priester oder Diakon getragene Hostie bzw. Monstranz. Nach dem Einzug wurde ein Abschnitt aus dem Evangelium vorgetragen, Fürbitte gehalten und der sakramentale Segen in alle vier Himmelsrichtungen über den Ort und Flur erteilt.  

Anschließend zog die Prozession aus und alle sangen aus voller Kehle „Großer Gott wir loben Dich“. Spätestens jetzt war jeder von der besonderen Atmosphäre mitgerissen und frohgemut, wozu vielleicht auch das bevorstehende Festmahl zum Mittag beitrug.  

Martin Luther hielt von Fronleichnam und der Prozession gar nichts, ganz im Gegenteil. Das Fest mit allen damit verbundenen Bräuchen bezeichnete er als schändlich. Er kritisierte, dass er zum Festtag keinen Bezug in der Bibel fand und empfand das Herumtragen der Hostie als ein Schauspiel und eine Schmach gegenüber dem heiligen Sakrament. So entwickelte sich Fronleichnam in der Reformation als ein konfessionsscheidendes Merkmal.

Für mich ist es an dieser Stelle nicht entscheidend, ob nun Luther mit seinen Bedenken im Recht ist oder die Katholische Kirche. Tatsächlich war mir auch die Tatsache des Gottesdienstes, verbunden mit seinen christlichen Traditionen, gar nicht so wichtig. Das Entscheidende für mich war die Freude, die ich bei den Menschen um mich herum spüren konnte: auf den Gottesdienst, die Gemeinschaft, die Musik, die Traditionen und ja, vielleicht auch auf das ganz besondere Mittagessen, das aber auch zu einem besonderen Fest gehört, oder? Diese Freude war echt, spürbar und sie hat mich mitgerissen. Das alles hat mich geprägt und viele schöne Erinnerungen hinterlassen, für die ich sehr dankbar bin.

An welche Ereignisse, Feste, Gottesdienste und Traditionen haben Sie positive Erinnerungen; was hat Sie geprägt?

Woran denken Sie dabei besonders gern zurück?

Was war das Besondere an diesen Festen und Tagen?

Ein besonderes Fest mit Tradition ist auch das Weinfest am Weinbrunnen am Rüdesheimer Platz. Den Weinbrunnen gibt es bereits seit mehr als 50 Jahren und wir dürfen hoffen, dass er auch in diesem Jahr, wenn auch später als gewohnt, wieder fließt. Nichtsdestotrotz ist ein Spaziergang in Wilmersdorf im Rheingauviertel immer wieder schön. Immerhin wählte die „New York Times“ die Rüdesheimer Straße im Jahr 2015 zu einer der 12 schönsten Straßen Europas – und das direkt vor unserer Haustür! Wann waren Sie zum letzten Mal dort? Vielleicht fließt der Weinbrunnen ja schon wieder …

Eine schöne Zeit wünscht Ihnen

Stefan Lemke


Stefan Lemke ist Diakon und Fachberater für die Arbeit mit Senior*innen in der Evangelischen Kirche in Charlottenburg- Wilmersdorf. Seine Freizeit verbringt er gern mit und in der Natur. Einmal monatlich bietet er eine Pilgertour im Berliner Umland an. In seinem wöchentlichen Blog schreibt er über Gedanken auf dem Weg.

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